Nachdem ich mich nun durch alle 39 Folgen gearbeitet habe, kommt hier mein Fazit:
Ich habe mich auch nach so langer Zeit prächtig unterhalten gefühlt und auch mit zunehmender Dauer und den länger werdenden Folgen habe ich mich nicht gelangweilt.
Die Serie spannt einen wundervollen Bogen - abgesehen von Staffel 1, die lediglich dazu dient, die Hauptcharaktere vorzustellen, und in der, für die weiteren Handlungsstränge, keinerlei Pflöcke eingeschlagen werden. Man merkt, dass der Autor das große Ganze nie aus den Augen verliert und die Umbrüche von einer zur nächsten Staffel behutsam angegangen werden. Dies über einen Zeitraum von nahezu 10 Jahren so hinzubekommen, ist fantastisch. Viele große Serien scheitern daran, dass man nicht mehr in der Lage ist, die Fäden am Ende plausibel zusammenzuführen oder auch von dem Ursprungs-Spirit nichts mehr übrig genlieben ist. Des Weiteren sind dann viele von der Original-Besetzung nicht mehr da. Das kann man bei DD nicht behaupten. Mag sein, dass die Geschichten der letzten Staffel nicht mehr so gut sind, aber eine Serie würdevoll und nicht ZU spät zu beenden, ist hier definitiv gelungen. Und auch wenn es sicherlich weitere interessante Geschichten gegeben hätte, so hat Stromberger hier richtigerweise den Schlussstrich gezogen. 80% der behandelten Probleme sind auch heute noch relevant. Das Einstehen für sein eigenes Handeln, die Moral, der Platz in der Gesellschaft, natürlich die Bedeutung der Familie, der Kampf gegen den Staat, die Bürokratie, die Justiz. Am meisten merkt man dieses 80er-Feeling halt an der fehlenden Digitalisierung des Alltags.
Das wohltuende langsame Erzähltempo mag heutige Generationen langweilen. Ich finde es geradezu wohltuend. Das Einzige was mich stört ist, wie belanglos die Begleitmusik vor sich hindudelt. Mag sein, dass heute der Musikeinsatz in Film und Fernsehen teilweise übertrieben wird, aber während der Serie wünscht man sich den Einsatz zielgerichteter. Dies ändert sich erst ein wenig mit den letzten beiden Staffeln.
Schade fand ich, dass die Hauptdarsteller im Abspann ab der 3 Staffel nicht mehr mit einer eigenen kurzen Schlussszene eingeblendet wurden. Das hat mir immer sehr gut gefallen, war ja wohl laut dem Regisseur auch geplant, aber wurde dann aus Zeitgründen doch wieder eingestampft.
Gibt es etwas zu kritisieren? Na klar. Ich will nicht die beiden Klassiker wieder rausholen, nämlich die Umbesetzung der Rolle von Marion. Das ist natürlich total dämlich, aber ich muss sagen, dass Susanne Schäfer wirklich ihr bestes gibt. Und dann natürlich diese langen moralisierenden Monologe speziell von Vera. Ja, die nerven. Aber über diese beiden Sachen wurden hier bestimmt schon Dutzende Beiträge verfasst. Nein, was mich häufig stört, ist dieses hessische Folklore-Element. Mal schwätzt Ludwig Hochdeutsch, wenn er seriös auftritt, dann wieder Hessisch, wenn er den jovialen hemdsärmlichen Macher mimt. Handwerker und L’Auberge-Gäste mit hessischem Einschlag werden fast durchweg als Trottel dargestellt. Entsprechende Dialoge sind auf lustig angelegt, ich finde sie meistens einfach nur doof. So gesehen fehlt mit ein bisschen der Humor. Zu viel sorgenvolle Blicke von Vera, ich hätte Chris gerne mit frecheren Sprüchen gesehen, auch später im Zusammenspiel mit Tina oder Thomi oder Ludwig, da hätte man mehr bringen können. Dass wir uns nicht falsch verstehen. Ich will keine durchweg harmlose Familien-Serie mit lustigen Elementen wie bei „Ich heirate eine Familie“ haben, aber ein bisschen lockerer und flockiger hätte es durchaus mal sein dürfen. Meine Highlights in der Hinsicht sind: Sigi und Thomi bei den Hausaufgaben, Ludwig rammt mit seinem Bauch den Gast um, als er auf dem Schiff kellnert sowie der Blick von Fr. Werbelhoff bei der Hochzeit von Chris und Tina
Es ist oft die Rede davon, wie schön die Schlussszene der 5. Staffel ist, in der Vera die Kerze ins Fenster stellt. Für sich gesehen würde ich das auch unterschreiben. Aber davor? Da wird aber dann eine dicke „ZDF-Zucker-Weihnachtssoße“ drüber gekippt. Dr. Lechner als Nikolaus (Sigmar Solbach gehört eh nicht zu meinen Lieblingsschauspielern), Daniel und Richy singen „I’m dreaming of a white Christmas“ und dann stapft Ludwig durch den Schnee. Also neee, das war zu viel für mich. Der einzige Moment, wo ich den Eindruck hatte, dass da vielleicht der Haussender entsprechend Kitschiges beigesteuert haben wollte, nachdem in dieser Staffel so viel Dramatisches passiert ist.
Ich möchte auch nicht auf Details eingehen. Dazu hätte ich mir Notizen machen müssen. Manchmal finde ich Nebenstränge etwas vernachlässigt. Während Margarethe in der 1. Staffel die heimliche Hauptrolle spielt, besteht in der 2. Staffel ihre einzige Rolle daran, sich mit Fr. Werbelhoff und Ihrem „Hund“ herumzuschlagen. Und so schnell, wie Hr. Heckenroth aufgetaucht ist, war er auch wieder weg. Wie sie ihn raus schmeißt, ist doch völlig untergegangen oder habe ich da was verpasst? Deswegen freut es mich eigentlich, dass sie zum Schluss wegen Ihrer Demenz wieder eine große Rolle bekommt.
Also - eine große deutsche Serie der 80er/90er Jahre, vielleicht nicht immer die spektakulärste, aber in sich rund und stimmig, die Ihren Charme nach so langer Zeit noch nicht eingebüßt hat.